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3. Mai 2017 | Lesezeit ca. 7 Min.

Aufgepasst auf die Rehkitz

Mehr Schutz für die Rehkitz

Alle freuen sich wenn nach dem Winter wieder der Frühling kommt. Die Menschen genießen die Blumenvielfalt und die Rehgeißen erfreuen sich an dem Schutz für Ihre Rehkitze. Aber wehe, der Bauer kommt mit dem Mähwerk:

Rehkitze werden bekanntlich im Frühling von ihren Müttern gerne in hohes Gras gelegt. Dadurch schützt die Geiß, ihren Nachwuchs zum Beispiel vor Füchsen oder Dachsen. Denn: Im hohen Gras werden die kleine Kitze kaum entdeckt und durch den fehlenden Eigengeruch der Tiere in den ersten Lebenswochen noch nicht gewittert.

Der sichere Tod

Sind sie vor den lebendigen Feinden dadurch zwar gut geschützt, gibt es eine wesentlich größere Gefahr, die schon Hunderttausende von unschuldigen kleinen Rehkitzen auf dem Gewissen hat. Gemeint ist: Das Mähwerk. Deutschlandweit werden Schätzungen zufolge jedes Jahr bei der Grünlandmahd rund 100 000 Rehkitze schwer verletzt oder gar getötet.

Und das sind nur die Zahlen, die bekannt sind. Die Dunkelziffer ist vermutlich wesentlich höher. Übrigens: Nicht nur Rehkitze sind gefährdet. Auch Feldhasen, Katzen und selbst Vögel sind schon häufig den sich unerbittlich rotierenden Kreiseln zum Opfer gefallen.

Gefahr für Mensch und Tier

Mit dem zunehmenden technischen Gerät in der Landwirtschaft, wird die Arbeit zwar leichter was den körperlichen Einsatz angeht. Aber: viele kleine Rehkitze sind aus den hohen Fahrerkabinen nicht mehr gesehen worden und haben einen grausamen Tod im Mähwerk erlitten. Um das zu vermeiden fordern Tierschützer seit Jahren eine bessere Kontrolle der Wiesen, bevor sie gemäht werden.

Auf Seiten der Landwirte gibt es leider auch schwarze Schafe, die ungenügend oder gar nicht vor der ersten Mahd ihre Felder kontrollieren. Schlimm genug, welche Qualen so ein kleines Jungtier erleiden muss (und auch seine Mutter, deren Kitz getötet wurde), können die sterblichen Überreste solch eines Kitzes in der Silage oder im Heu durch eine mögliche Botulismus Infektion zusätzlich noch den ganzen Viehbestand des Landwirtes bedrohen. Das kann gerade bei Rindern zu tödlichen Vergiftungen, Abfall der Milchleistung oder Verkalbungen führen.

Zivil- und strafrechtliche Folgen für die Landwirte

Die Justiz ist mittlerweile soweit, dass ein Landwirt nicht nur mit zivil- sondern sogar auch mit strafrechtlichen Folgen rechnen muss, wenn er billigend in Kauf nimmt, dass sich noch abgelegte Rehkitze in der Wiese befinden, die beim Mähen zu Tode kommen. Er muss dann mit einer Anzeige und einem Bußgeld rechnen, weil er gegen das Tierschutzgesetz verstoßen hat. Außerdem haben diverse Gerichte in der Vergangenheit den Jagdpächtern sogar bereits Schadenersatz zugebilligt, wenn der Landwirt leichtfertig Rehkitze durch den Erntevorgang getötet hat.

Schutzmaßnahmen für die Rehkitz

Viele Landwirte verständigen sich mittlerweile mit dem Jagdpächter, damit dieser die zu mähende Fläche mit seinem Hund absuchen und Wildscheuchen aufstellen kann. Diese Schutzmaßnahmen sollten so kurzfristig wie möglich vor der geplanten Mähaktion stattfinden, damit sich die Geiß nicht an den Fremdkörper gewöhnen kann und sie doch wieder dort ablegt. Ideal ist der Abend vor der Mahd, damit die Geiß im Schutz der Nacht ihre Kinder aus der Gefahrenzone Mahd holen kann.

Gemeinsam geht´s besser: Landwirt und Jager kooperieren

Hat der Jagdpächter keine Zeit oder will es der Landwirt besonders gründlich machen, dann geht er selber durch seine Wiesen, wie zum Beispiel Andreas Resch, Landwirt aus Bischofswiesen. Der 47-jährige Landwirt, begeht stets am Abend vor der Mahd das Gelände. Früher mit seinem eigenen Hund, mittlerweile mit Hunden aus dem Freundeskreis.

Der erfahrene Landwirt studiert die hohen Wiesen sehr genau und erkennt mit geübtem Blick, wo eine Geiß ihr Kitz abgelegt haben könnte, aufgrund diverser abgeknickter Halme. „Und ab und an“, so erzählt er schmunzelnd, lasse ich auch schon mal ein Büschel Hundehaare in der Spur fallen, damit die Witterung auch ja von der Geiß aufgenommen wird“.

Hat er das Feld gründlich abgesucht, dann kommen die Scheuchen zum Einsatz. Circa zweí Meter lange Holzstempen, die mit langen Alustreifen versehen worden sind. Diese bleiben die ganze Nacht stehen und sollen die Tiere irritieren und dafür sorgen, dass die Kitz aus der Gefahrenzone gerettet werden.

Familientradition zum Schutz der Rehkitze

Am nächsten Morgen, kurz vor Beginn der Mahd werden die Balken wieder entfernt und das Feld erneut unter die Lupe genommen. „Auch wenn das sehr aufwendig ist, damit bin ich seit Jahren gut gefahren und habe keine Kitze mehr gefährdet. Ich habe einmal ein auf diese Art und Weise getötetes Rehkitz gesehen. Das möchte ich nie wieder erleben!

Mein Vater und mein Großvater haben auf ähnliche Weise ihre Felder abgesucht. Und das hat immer gut funktioniert!“ Ludwig Fegg, Jäger aus Bischofswiesen, freut das Engagement, das Anderl Resch zeigt und er beteiligte sich die letzten Jahre auch immer bei den Suchaktionen. Und eines betont er auch: „Es steht den Bauern gut an, wenn sie sich als Tierfreunde zeigen. Das ist ein wichtiger Punkt, um die Akzeptanz der Bevölkerung zu finden und sich positiv darzustellen“, so Fegg.

Empfehlung der Jäger

Der Verband der Jagdgenossenschaften empfiehlt ebenfalls bereits seit Jahren, dass Landwirte und Jagdpächter bei der Wildrettung zusammenarbeiten sollten. In Form von frühzeitiger Bekanntgabe ihrer Mähtermine oder noch besser, indem sie hier eng zusammenarbeiten. Ein weiterer Tipp, das Mähen von „innen nach außen“, damit das Wild vor den oft großen Maschinen flüchten kann.

Augen offenhalten

Aber nicht nur Landwirte und Jäger betrifft dieses Thema. „Auch die Bevölkerung ist gefragt“, so ein Jäger aus dem Berchtesgadener Land. „Warum nicht den Landwirt darüber informieren, dass man beim Spaziergang Rehe auf dem Feld beobachtet hat, das demnächst gemäht werden soll und höflich nachfragen, ob Kitze vor der Mahd gefunden worden seien“?

Der ein oder andere Landwirte freut sich auch über Unterstützung aus der Bevölkerung, mit ihm gemeinsam über die Wiese zu laufen und bei der Suche nach Tieren zu helfen.

Auf der Suche nach dem Tier

Die gängigste Methode ist noch immer das sorgfältige Absuchen der Wiesen. Am Besten mit einem angeleinten Hund. Und natürlich das anschließende Aufstellen der Scheuchen zum Einbruch der Dämmerung. Die Alustreifen bewegen sich leicht im Wind, das Mondlicht wird reflektiert und zeigt dem Muttertier, dass hier etwas nicht stimmt.

Wichtig ist, sowohl das Ablaufen der Wiese als auch das Aufstellen der Scheuchen muss kurz vor der Mahd geschehen, damit sich die Geiß nicht daran gewöhnt. Lautes Pfeifen, Singen oder in die Händeklatschen signalisiert den Tieren ebenfalls: Hier stimmt etwas nicht! Ähnlich funktionieren auch Wildwarngeräte, die in unregelmäßigen Abständen Lichter und Signale aussenden.

Auch die ersten Versuche die Wiesen mit Drohnen abzusuchen wurden bereits erprobt. Hierzu werden die GPS-Daten der zu überprüfenden Fläche eingegeben und die Drohne misst per Wärmesensor, ob sich ein lebendiges Wesen im Feld befindet.

Kids for Kitz

Auch Aktionen wie „Kids for Kitz“ sorgen für Aufmerksamkeit und sensibilisieren schon die Kleinen für dieses Thema. Denn die „Kinder von heute, sind die Landwirtevon Morgen“. Mehr zu diesem Projekt unter www.jagd-bayern.de/kids_for_kitz.html.

Quelle: BGLand24.de
Bildmaterial: Petra Sobinger


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