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23. November 2017 | Lesezeit ca. 3 Min.

Bock oder Käse? Haben Ihr schon mal Reblochon probiert?

Wenn nicht, dann solltet Ihr es schleunigst tun. Denn der berühmte, nussig-sahnig schmeckende Rohmilch Käse aus den Französischen Alpen ist bedroht – und zwar vom Steinwild der Region.

So jedenfalls die Bergbauern in Hoch-Savoyen, die sich lautstark Gehör verschafft haben. Und tatsächlich hat ein Gericht am 19. Oktober erneut angeordnet 240 Stück Steinwild zu keulen. Übrig bleiben sollen nur ein gesunder Rumpfbestand von knapp 70 Tieren. Nach massiven Protesten, bei denen sich Brigitte Bardot eingeschalten hat, stoppte ein weiteres Gericht die laufende Aktion nach dem bereits ein Drittel der Tiere erlegt worden war.

Was ist passiert?

„Das Drama nahm 2011 seinen Ausgang als sich zwei Kinder durch den Verzehr des Rohmilch Käses Reblochon mit Brucellose angesteckt hatten und erkrankt waren“, so berichtet die Wildtierbiologin Dr. Christine Miller aus Bad Tölz,

Und ergänzt: „Daraufhin wurde eine Rinderherde gekeult und zwei weitere wurde mit Quarantäne belegt. Die durch Bakterien hervorgerufene Infektion verläuft beim Mensch in über 90 Prozent der Fälle ohne größere Symptome, häufig als grippeähnliches Unwohlsein und mit typischen Gelenkschmerzen. Meist heilt sie auch wieder spontan ab. Zudem ist sie beim Menschen gut mit Antibiotika behandelbar“.

Aber wie schaut es mit der Vorsorge aus?

Dazu Christine Miller: „Für Rinder, Schafe, Ziegen und Schweine gibt es erprobte Impfstoffe. Doch das kostet Geld. Ebenso die Brucellosetests, die früher vorgeschrieben waren. Inzwischen gilt Frankreich als Brucellosefrei und der internationale Viehhandel läuft ohne lästige Einschränkungen. Doch leider hat dieser schwungvolle und mehr oder weniger unkontrollierte Austausch von Vieh quer über Kontinente dazu geführt, dass früher ausgerottet geglaubte Krankheiten wieder zurückkamen und gelegentlich auf die wilden Mitbewohner übertragen wurden.

Ob Schweinepest, Rinder-Tb oder jetzt Brucellose, die Reaktionen und Forderungen sind stets die gleichen: Weg mit den wilden Seuchenherden. Dass solche Forderungen zwar von der Bevölkerung gerne gehört werden, aber kaum etwas zur Lösung des Problems beitragen, ja es meist sogar verschlimmern, hat auch die international besetzte Forschergruppe von Dominique Gauthier in ihren Untersuchungen gezeigt. Tatsächlich ist eine kleine Subpopulation des Steinwildbestandes in der Region stark von der Infektion betroffen.

Vermutlich sind die Erreger im Jahr 1999 nach einem Ausbruch der Brucellose in einer Rinderherde auf das Steinwild übergesprungen; Rotwild und Gams blieben weitgehend verschont. Die ersten Versuche diese Population auszulöschen, haben jedoch dazu geführt, dass die Befallsrate in benachbarten Rudeln anstieg. Damals wurden 340 Stück Steinwild geschossen, alle Tiere, die älter als 4 Jahre waren, denn das Infektionsrisiko war vor allem bei älteren Geißen hoch.

Der Erfolg dieser Maßnahme war, dass nun die übrig gebliebenen jungen Steinböcke und -geißen die Infektionsträger waren. Das soziale Chaos, das nach der Keulungsaktion unter dem Steinwild ausbrach hat die Krankheit angeheizt anstatt sie auszumerzen.

Die Biologen und Veterinäre in der interdisziplinären Expertengruppe kamen nach intensiven Forschungen zu dem Ergebnis, dass nur entsprechende Seuchenhygienische Maßnahmen beim Weidevieh langfristig Erfolg bringen wird, also Brucellose Tests vor allem vor der dem Auftrieb auf die Almen, Impfungen und das Verhindern von Übertragungswegen zwischen Weidevieh und Wildtieren. Noch ist das letzte Wort in dem Kampf um das Überleben des Steinwildes im Reblochon-Gebiet nicht gefallen.

Die Fakten liegen auf dem Tisch. Selbst wenn die Vernichtung von Wildbeständen wie auch am Beispiel Dachs im Rinder Tb Gebiet bewiesen wurde, die Seuche im Viehbestand nicht auslöscht – als Sündenböcke taugen die Steinböcke allemal. Nun muss die Politik entscheiden“.

Text: Lieserl
Bildmaterial: Deutsche Wildtierstiftung


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